Aktiv – Passiv – Medial. Zur Logik leiblicher Prozesse
Um 1900 führte Edmund Husserl die folgenreiche Unterscheidung von Körper und Leib in die Philosophie ein: Während wir einen Körper haben, der sich neben und mit anderen ausgedehnten Körpern im Raum befindet, sind wir ein Leib, der als Medium der Erfahrung unsere Orientierung in der Welt vorstrukturiert. Die phänomenologische Leib-Körper-Unterscheidung verlagerte nicht nur auf signifikante Weise das alte Problem des Gegensatzes von Körper und Geist, sondern eröffnete auch neue Perspektiven, um Körperlichkeit nicht mehr als physisches Datum, sondern vom Vollzug her zu denken. In den letzten Jahren lässt sich in den Kultur- und Geisteswissenschaften eine Rückkehr zum Körper beobachten, wobei Kultur nicht mehr allein als geistige Leistung oder Effekte von „Diskursen“ betrachtet, sondern körperlich-materiell fundiert werden soll. Allzu oft fällt diese Rehabilitierung des Körpers allerdings in ein Denkschema zurück, welches den Körper entweder als aktives Willensinstrument oder als passives Empfindungsobjekt versteht. In dem Vortrag wird es um die Frage gehen, inwiefern man, ausgehend von einer Beschreibung leiblicher Prozesse, einer Logik auf die Spur kommt, welche im griechischen Denken – jenseits von Aktiv und Passiv - im Genus des Mediums ausgedrückt wurde.
Emmanuel Alloa
Emmanuel Alloa ist Assistenzprofessor für Kulturphilosophie an der Universität St. Gallen, Senior Research Fellow am NFS Bildkritik eikones und Dozent für Ästhetik an der Universität Paris 8. Verschiedene Visiting Fellowships und Gastprofessuren (u.a. an der Columbia University New York, der Universidad Nicolás de Hidalgo Mexiko oder dem IKKM in Weimar). Er ist Mit-Initiator des DFG-Forschernetzwerks „Kulturen der Leiblichkeit“ und Ko-Leiter des europäischen Forschungsverbunds „Dynamis of the Image“ (Collège d’études mondiales). Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören: deutsche und französische Phänomenologie, Bildtheorie, Ästhetik, Medienphilosophie, Theorien des Sozialen. Er ist Mitherausgeber der Buchreihe Kulturen der Leiblichkeit. Zum Thema der Leiblichkeit verantwortete er u.a. folgende Publikationen: (Mithg.) Leiblichkeit. Geschichte und Aktualität eines Konzepts, Mohr/UTB 2012; (Mithg.) Leib und Sprache. Zur Reflexivität verkörperter Ausdrucksformen, Velbrück 2013.
Foto: Felix Grünschloß
Kolloquium Kommunikation
Prof. Dr. Emmanuel Alloa, Universität St. Gallen
Prof. Dr. Martin Reisigl, Universität Bern
Datum: 10.10.2014
Zeit: 09:15 - 16:45 Uhr
Ort: Universität Bern, Unitobler, Lerchenweg 36, Raum F004
Martin Reisigl
Martin Reisigl hat an der Universität Wien Angewandte Sprachwissenschaft und Philosophie studiert und dort 2004 promoviert. Er war danach Forschungsstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung und APART-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 2007 war er Visiting Professor an der Universität La Sapienza in Rom, zwischen 2009 und 2011 Visiting Professor an der Central European University (CEU) in Budapest. Von 2009 bis 2010 hatte er eine Vertretungsprofessur für Linguistik des Deutschen an der Universität Hamburg inne. Seit 2011 ist er Assistenzprofessor für Soziolinguistik am Institut für Germanistik der Universität Bern und seit 2012 stellvertretender Direktor des Center for the Study of Language and Society (CSLS) der Universität Bern. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Diskursforschung, Soziolinguistik, Pragmatik, Textlinguistik, Rhetorik, Argumentationstheorie, Semiotik sowie Sprache und Geschichte.
Foto: M.A.M. Fabig