Erinnerung
In den Neurowissenschaften wird das Gedächtnis als die Summe unterschiedlicher Prozesse konzeptualisiert, durch die Informationen aus der Außenwelt über unsere Sinnesorgane aufgenommen, gespeichert und wiedergegeben werden. Diese Prozesse werden maßgeblich durch die Aufbereitung der eingehenden Informationen, bereits bestehende eigene autobiographische und kollektive Gedächtnisinhalte sowie Aufmerksamkeitsprozesse beeinflusst. Auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Hirnstrukturen werden Gedächtnisinhalte über die Zeit konsolidiert, modifiziert, rekonsolidiert und selten auch gelöscht. Jede dieser Prozessebenen kann mit häufig klinischen Konsequenzen wie dem Auftreten von Phobien oder posttraumatischen Belastungsstörungen gestört werden. Umgekehrt sind diese Prozesse auch Ziel von ganz unterschiedlichen therapeutischen Ansätzen wie elektromagnetischen Interventionen (Abbildung) oder psychotherapeutischen Verfahren. Inhalt des Seminars und Vortrages ist, die unterschiedlichen Gedächtnisprozesse, deren Störung bei psychiatrischen Erkrankungen und deren Modulation durch therapeutische Interventionen näher zu beleuchten.
Malek Bajbouj
Malek Bajbouj ist Psychiater und Psychotherapeut, Professor für Affektive Neurowissenschaften an der Freien Universität und Professor für Psychiatrie an der Charité Berlin. Er hat in Mainz, Frankfurt und Zürich Humanmedizin studiert und ist an den Universitäten Witten/Herdecke, Columbia New York und der Charité Berlin wissenschaftlich und ärztlich tätig gewesen. Am Cluster interdisziplinären Berliner Forschungscluster "Languages of Emotion" ist er verantwortlich für die Graduiertenschule, in der aktuell 150 Doktoranden aus mehr als 20 Disziplinen zu Sprachen und Emotionen promovieren. Sein Hauptforschungsgebiet sind die angewandten affektiven Wissenschaften, in denen versucht wird mit inneren psychotherapeutischen Interventionen (Meditation, Verbalisierung) und äußeren Interventionen (neuromodulatorische Verfahren, Musik) menschliches Verhalten und Gedächtnisprozesse zu therapeutischen Zwecken zu modellieren. Methodisch fokussiert er dabei auf neurophysiologische, bildgebende und genetische Verfahren. Malek Bajbouj hat in den vergangenen 10 Jahren mehr als 100 Artikel in renommierten Zeitschriften publiziert.
Kolloquium Erinnerung
Prof. Dr. Malek Bajbouj, FU und Charité Berlin
Prof. Dr. Oliver Lubrich, Universität Bern
Datum: 19. Oktober 2012
Zeit: 09:15 - 16:30/17:45 Uhr
Ort: Universität Bern, UniS, Schanzeneckstrasse 1, Raum A027
Oliver Lubrich
Oliver Lubrich ist seit 2011 Professor (Ordinarius) für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik an der Universität Bern. Zuvor war er Juniorprofessor für Rhetorik am Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft sowie im Exzellenzcluster „Languages of Emotion“ der Freien Universität Berlin. Gastdozenturen an der University of Chicago (2005), der California State University in Long Beach (2006), am Tecnológico de Monterrey (2007) und an der Universidade de São Paulo (2010). Bücher über Shakespeares Selbstdekonstruktion (2001) und Postkoloniale Poetiken (2004, 2009). Oliver Lubrich ist (Mit-)Herausgeber der Werke Alexander von Humboldts, u.a. Kosmos (20043), Ansichten der Kordilleren (2004), Ueber einen Versuch den Gipfel des Chimborazo zu ersteigen (2006), Anthropologische und ethnographische Schriften (2009), Politische und historiographische Schriften (2009) und Zentral-Asien (2009). In seinem aktuellen Forschungsprojekt dokumentiert er die Berichte internationaler Autoren, die das nationalsozialistische Deutschland besucht haben: u.a. in Reisen ins Reich (2004, 2009; Voyages dans le Reich, 2007; Travels in the Reich, 2010) und Berichte aus der Abwurfzone (2007).